brandvorwerk-prbrandvorwerk-pr
Artikel abonnieren
brandvorwerk-pr | Netzwerk für Kommunikation |

Laut statistischem Bundesamt ist Deutschland mit 618 Kilogramm Müll pro Kopf und Jahr einer der größten Abfallverursacher in der EU. Allerdings werden hierzulande 64 Prozent des Mülls recycelt, damit sind die Deutschen europäischer Spitzenreiter.

Upcycling, d.h. die Wiederverwendung und Aufarbeitung alter, gebrauchter Materialen, liegt voll im Trend. Im Kunstkraftwerk Leipzig präsentiert seit 2015 die Internationale Upcycling-Messe „Echt_Alt/Original_Old die aktuellen Entwicklungen auf diesem Gebiet.

Im Rahmen der Grassimesse und der Designer’s Open 2017 findet hier nun vom 20. bis 22. Oktober 2017 die dritte Ausgabe statt. Rund 40 Künstler aus vier Ländern (Italien, Polen, Niederlanden, Deutschland) vereinen Nachhaltigkeit und Design und zeigen hochwertige und ausgefallene Produkte aus den Bereichen Produktdesign (Möbeln), Mode, Schmuck, Textildesign und Kunst – alles handgefertigt aus Recyclingmaterialen.

Kaufen und bestaunen kann man u.a. Möbel aus Munitionskisten, Aschenbecher aus Feuerlöschern, Raumteiler aus Zeitungen, Handtaschen aus Wellpappe, verwebte Videobänder, Gürtel aus Fischleder und trendige Streetwear-Kollektionen-

„Recycling und Upcycling haben längst die Öko-Nische verlassen“, sagt Kuratorin Lilly M. Bozzo-Costa. „Ausrangiertes und Entsorgtes ist ein wichtiges Thema in Kunst und Design. Sowohl recycelte Produkte als auch Upcycling-Design überzeugen mit Qualität, ethischem Hintergrund und zeitgemäßer Ausführung.“

Sonderschau Polen
Nach Italien und Afrika in den Vorjahren steht diese Mal Polen im Mittelpunkt einer Sonderschau. Die anspruchsvolle und vielseitige polnische Designkultur genießt weltweit hohes Renommee. Vier Designbüros und Projekte gewähren einen guten Einblick in die aktuelle Design- und Upcycling-Landschaft unseres östlichen Nachbarlandes. In Leipzig sind dabei: REC.ON Warschau, Alicia Patanowska, Wroclaw; Daria Wartalska, Wroclaw/Berlin, sowie MiserArt aus Wroclaw. „Designer können alle von unseren polnischen Nachbarn lernen. Hier verbindet sich ein hoher gestalterischer und handwerklicher Anspruch mit Humor, sozialem Engagement und Sinn für Schönheit“, so Bozzo-Costa.

Das Warschauer Label REC.On beispielsweise lässt alte Autoteile als Lampen, Regale oder Garderobenständer wiedererstehen und beliefert Hotels, Restaurants, Cafés mit ihren Stücken.

Das Projekt „MiserArt“ aus Wroclaw verbindet ökologisch-künstlerische Arbeit mit sozialen Ambitionen. Mit speziellen Upcycling-Workshops wendet es sich gegen die Ausgrenzung von Obdachlosen aus dem sozialen und kulturellen Leben. Ziel ist die Aktivierung der handwerklichen Fähigkeiten und Förderung der kreativen Entwicklung als erste Schritte auf dem Weg zurück in die Gesellschaft. Im Rahmen der Messe stellt „MiserArt“ seine Arbeit in einem offenen Workshop vor.

Partner der Sonderschau sind das Lodz Design Festival, das Polnische Institut Berlin, das Polnische Institut Leipzig, das Polnische Honorarkonsulat Leipzig sowie das Europa Haus Leipzig.

In Kürze:
3. Internationale Upcycling-Messe „Echt_Alt/Original_Old“ mit Sonderschau Polen
Kunstkraftwerk Leipzig, Saalfelder Straße 8b, 04179 Leipzig
20. bis 22. Oktober 2017, 10 bis 18 Uhr
Kuratorin: Lilly M. Bozzo-Costa
Vernissage: 19 Oktober, 18.30 Uhr

Festivalticket: 19,50/ermäßigt 14,50 Euro – berechtigt außerdem zum Besuch der Designers‘ Open in der KONGRESSHALLE am Zoo Leipzig und der Grassimesse im GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig an allen drei Messetagen während der regulären Öffnungszeiten sowie zur kostenfreien Nutzung der öffentlichen Nahverkehrsmittel im MDV.
Echt_Alt/Original_Old-Ticket einzeln: 5 Euro Normal und 3 Euro ermäßigt

Ausgewählte Teilnehmer im Überblick:

Jenny Fischer: Patina
Die Kollektion mit dem Namen „Wahrhaftig“ ist nicht für den kommerziellen Modemarkt entwickelt, sondern eher als „Kunstobjekt“ zu betrachten. Jedes Kleidungsteil steht für sich allein und weist aufgrund natürlich und künstlich verwendeter Patina, eine eigenständige und unikate Oberflächenstruktur auf, die sowohl grob als auch filigran sein kann. Alte, rostige Metallplatten wurden für die Druckarbeiten der Stoffe verwendet. Für die Rostbeschleunigung dienten herkömmlicher Essig und grüner Tee, die letztendlich für die Farbgebung der Kollektion sorgten. Alte, gebrauchte Hemden und Blusen wurden in den Webeflächen verarbeitet. Kleine Attribute wie Knopfleisten und Waschzettel geben dem Betrachter einen kleinen Hinweis darauf. Dieses ausdrucksstarke Erscheinungsbild der Kollektion ist unvergleichlich und somit authentisch. Patina und Authentizität fügen sich zu einer Einheit zusammen. Diese Eigenschaft erweckt ein intensiveres beobachten und hinterfragen der einzelnen Outfits. Das Bewusstsein nicht nur Objekte, sondern auch allgemein mehr zu hinterfragen und zu beobachten soll geweckt werden, -hinter die Fassade eines Menschen blicken.

Gibbemeyer: up&recycling Furniture
Gibbemeyer ist ein Leipziger Label, das sich dem Design & Bau nachhaltiger Möbel & Lampen aus recycelten & upgecycelten Materialien verschrieben hat. Die verwendeten Hölzer sind zum Großteil upgecycelt. Alte Gerüstbohlen, Munitionskisten, Schubladen usw. finden hier eine ümweltgerechte Wiederverwendung. Die verarbeiteten Kunststoffe sind Reste diverser Betriebe rund um den Standort Leipzig, welche gewöhnlich in der Müllverbrennung landen. Die verbauten Metalle stammen von Recyclinghöfen.
Durch materialgerechte handwerkliche Auf & Verarbeitung entstehen neue,
ressourcenschonende schöne Möbel & Lampen. Alle Produkte sind Unikate oder Kleinstserien und können nach Absprache auch individuell angefertigt werden. ww.facebook.com/Gibbemeyer

Franziska Heinze: Tikkiroll
Das Gestaltungskonzept der Kollektion Tikkiroll lebt vom Einfluss des Amateurdesigns, dessen Antrieb sich im sozial engagierten Gestalten begründet. Ziel dieser Herangehensweise war die Integration sozial Benachteiligter in den Kreativprozess und das Ergründen innovativer, spannungsvoller Impulse für den Entwurf. Modedesign nimmt hierbei eine Übersetzerfunktion ein und dient als verständliche, spielerische Ausdrucksform, für sonst ungehörte Betroffene. Es ist dank der Mitwirkenden eine gehaltvolle, authentische und gefühlvolle Kollektion entstanden, deren optischer Reiz in einer Leichtigkeit und Humor liegt. Zuzüglich eines informellen Rahmenkonzeptes kann Tikkiroll als Übersetzung einer gelungenen Teilhabe von Betroffenen, beziehungsweise Laien, gewertet werden.
Die Jugendlichen Tiger, Kim, Lukas und Lissy des Straßenkinder e.V. dekonstruierten innerhalb eines Workshops Secondhand-Sweatshirts, auf dessen Ergebnissen die Schnittformen der juvenilen Streetwearkollektion aufbauen. Die markante Oberflächengestaltung basiert auf den freien Fotografien Ronnys, der regelmäßig die Wohnungslosentagesstätte Warmer Otto der Stadtmission Berlin besucht. Die ergänzenden Basic-Bekleidungsstücke sind aus gesponserten Restposten der Industrie gefertigt und komplettieren die Outfits. Accessoires, wie Mützen und Taschen aus Obstschutzverpackungen runden sowohl den Upcyclinggedanken, als auch den Stil Tikkirolls ab. Stellvertretend für die Partizipation der Codesigner_innen setzt sich der Name der Kollektion aus Buchstaben und Silben selbiger zusammen.

Anna Zeitler: Boomerang _Alles kommt zurück
Die Masterkollektion beschäftigt sich mit negativen Auswirkungen der Massenproduktion von Textilien auf Mensch und Umwelt. Sie thematisiert Anbau und Ernte von Baumwolle in Monokulturen, Pestizideinsatz, Bodenerosion, Bodenversalzung, Produktionsbedingungen, sowie Unglücke in den Produktionsstätten der Fast Fashion Industrie. Für die Kollektion wurde mit Bildmaterial gearbeitet, das die Probleme entlang der textilen Kette in abstrahierter Form sichtbar macht. Fotos dienten dabei als Farb- und Printinspiration und finden sich auch in der Schnittführung wieder. Die Schnitte basieren auf einer Kimonoform und sind daher von Frauen, als auch von Männern tragbar. Zu dem rückt die Kleidergröße in den Hintergrund. Die Kollektion versucht auf subtile Weise mit dem / der Betrachter_in ins Gespräch zu kommen und zur Diskussion anzuregen, ohne dabei belehrend zu werden. Der konzeptionelle Ansatz, die Folgen der Massenproduktion, der verheerenden Produktionsbedingungen und der Wegwerfmentalität zu thematisieren, bedingt zwangsläufig die Materialwahl. So ist es nur konsequent, mit Abfällen unserer Gesellschaft und nicht mit neuen Ressourcen zu arbeiten. Diese Kollektion erteilt der Massenproduktion eine klare Absage, denn jedes Teil ist aufgrund der Stoffknappheit ein Unikat.
www.annazeitler.de

Michael Grzesiak,THEZIMMER.
ASCHER
2015
Ausgleichsbehälter, Feuerlöschersegmente, Krümmling, Edelstahlfüße, verschweißt, sandgestrahlt, pulverbeschichtet

Der Prototyp des Aschenbechers entstand aus einem Auftrag der Kulturstiftung des Bundes, die einen mobilen Aschenbecher für ihren Neubau suchten. Mich faszinierte die Idee für diese Aufgabe Ausgleichsbehälter von wasserführenden Heizungsanlagen und Feuerlöschern zu verwenden, also Elementen, die uns aus anderem Kontext mit Hitze und dem Löschen von Feuer geläufig sind. Seit längerem hatte ich schon gebrauchte Ausgleichsbehälter gesammelt, die alle ähnlich, aber nie gleich aussehen. Mich beschäftigte deren Formen als Ergebnis aus physikalischer Notwendigkeit und fertigungstechnischem Prozess. Die unterschiedlichen Rundungen der Behälter wollte ich formgebend aber dennoch so abstrakt wie möglich einsetzen, wozu ich sie auseinanderschnitt und deren Segmente verwendete. Diese habe ich mit industriellen Fertigteilen wie Rundrohren und Krümmlingen kombiniert und verschweißt. Der Aschebehälter wird mit Magneten von unten befestigt. Als Füße dienen angeschweißte Edelstahlstifte. Die Oberfläche wird zuletzt durch das Sandstrahlen homogenisiert und matt pulverbeschichtet.
www.michaelgrzesiak.de

Lucia Grossmann: transFORMATE
transFORMATE ist ein Geflechtsystem aus recycelten Zeitungen, die in Streifen geschnitten zu neuen Objekten verflochten werden und gleichsam eine neue “Identität” als Etuis, Taschen, Schatullen bis hin zu Raumteilern und Teppichen erhalten. Der gedruckte Text wird wortwörtlich zur Textur verwebt. Eine hauchdünne, matte Oberflächenversiegelung macht das Material abriebfest und feuchtigkeitsbeständig. Des Weiteren gibt die vierfache Faltung der Streifen und ein speziell entwickeltes Flechtverfahren allen transFORMATEN enorme Festigkeit und Stabilität. Zeitungspapier dunkelt mit der Zeit nach, so dass eine sepiafarbene Patina entsteht, die einen reizvollen Kontrast bildet zum klaren Design der transFORMATE. Jedes transFORMAT wird in sorgfältiger Handarbeit einzeln angefertigt und ist einzigartig.
www.trans-formate.de

Angelo Lussiana: LA NOBILTA ‘DEL CARTONE
Kunst und Design aus Wellpappe – Vasen, Handtaschen, PC-Hüllen, Lampen und Spiele. Angelo Lussiana studiert und entwickelt seit vier Jahren eine “Keil” -Technik, die es ihm ermöglicht, dreidimensionale Objekte mit kontinuierlichen und stufenlosen Linien zu schaffen, die einen größeren Widerstand und eine Formbarkeit in Bezug auf Stil und Form bieten.
www.angelolussiana.com

Julie van den Boorn: Das Projekt CompoLeather
Julie van den Boorn entwickelte Compoleather. Gebrauchte Lederwaren werden zerkleinert und mit Wasser vermischt. Beim Einpressen von Schimmelpilzen und Trocknen lässt sich die Pulpe zu einem neuen Material führen, das ohne die Notwendigkeit eines zusätzlichen Bindemittels zusammenklebt. Das Ergebnis ist immer noch 100% natürlich. Mehrere Anwendungen sind möglich, einschließlich Auto Interiors. Und es hat immer noch den unverwechselbaren Geruch des Originals.
www.pourproduct.com
www.julievdboorn.com

Anne Kathrin Döll: Feines Leder aus dem Meer
Das Leipziger Unternehmen Rothöll verarbeitet isländisches Fischleder, das es direkt von einem Hersteller aus dem Norden des Landes bezieht. Die unregelmäßigen Schuppentaschen verleihen dem handwerklich gegerbten Material eine unverwechselbar lebhafte Struktur. Sein samtener Griff erinnert an Seide oder Büttenpapier, jedoch verleihen ihm netzartig übereinanderliegende Fasern höchste Elastizität. Trotz seiner zarten Anmutung ist das leichtgewichtige Fischleder deshalb im Vergleich zu anderen Ledern ungemein robust. Anders als ein tierisches Leder derselben Stärke wird es auch nach jahrelangem Alltagsgebrauch nicht reißen.
www.rothoell.com

Waltraud Münzhuber: Von der Tüte zur Tasche
Seit 18 Jahren verwebt sie Plastiktüten. Handwerklich passiert folgendes: „Ich zerschneide die Tüten spiralförmig mit der Schere in einen langen Streifen, spule ihn auf und verwebe ihn auf einer Polyesterkette, ein Garn, das aus Petflaschen recycelt wurde.“
Im Laufe der Zeit entstanden immer neue Designs: Kulturbeutel, Handtaschen – sportlich oder für die Oper -, Rucksäcke, Umhängetaschen, Muffs, Papierkörbe und mehr.
Und immer entdeckt sie neuen „Müll”, der sich verarbeiten lässt. So entstand 2010 das Projekt „Verwebe Deinen Lieblingsfilm“: sie bekommt alte VHS-Kassette mit dem Lieblingsfilm drauf und man erhält dann den verwebten Film in Form eines Papierkorbes zurück. Grundsätzlich: Alle Materialien, die sie verarbeitet, würden auf dem Müll landen oder häufen sich bei Menschen in ihren Schubladen.
www.wally-huber-kunststoff.de

Henry Baumann
Henry Baumann ist Absolvent der Akademie der bildenden Künste in Maastricht. Er arbeitet mit „unerwünschten Materialien“ und erschafft sie somit zum Leben, wie zum Beispiel riesige Spulen für Stromkabel. Mit seinen Projekten (wie Toegepast 18 oder das das 130-Erdbeer-Box-Projekt) reflektiert Baumann unsere Verbrauchsmuster und die Art und Weise, wie wir mit Abfällen umgehen. Diese Ideen kommen aus seiner Faszination für die Natur. Baumann glaubt, dass all unsere menschlichen Beziehungen, genau wie unsere Handlungen, nachhaltiger sein müssen.

https://www.henrybaumann.de/

Nordwerk Design
Die Design-Gruppe erstellt Möbel, Ausbauten, Installationen, Messestände – oder auch mal einen Löwen – aus für die Entsorgung vorgesehenen Wellpappen her.
Alle Objekte bestehen aus vollständig ebenen Teilen, die entweder gesteckt oder gestapelt sind. Alles ist restlos wiederverwertbar. Der Recycling-Prozess wird unterbrochen und herausgezögert. Irgendwann werden die Produkte wieder recycelt werden, etwas anderes sein, wieder benutzt, entsorgt und dann vielleicht erneut von uns verwendet werden. Alles verfällt einmal! Die Biedermeier-Kommode der eigenen Großmutter oder der Gründerzeit-Schrank des Onkels wurden in ihrem Möbelleben vielleicht schon drei oder vier Mal aufgearbeitet und sie stehen heute immer noch. Dieses Schicksal wird – ganz plakativ gesagt – den meisten Regalen einer nordeuropäischen Möbelkette erspart bleiben. Aufarbeitung heißt hier, voller Angst und mit größter Vorsicht nach einem Umzug die Schrauben ein zweites Mal in die dafür vorgesehenen Vorbohrungen zu drehen, immer in der Hoffnung, sie mögen noch greifen.

http://www.nordwerk-design.de/

Carlotta di Cerbo
Im April 2016 stellte die Designerin zum ersten Mal ihre Kreationen in Mailand auf der Mailänder Designwoche im Bereich Ventura-Lambrate aus. Seitdem gewann Carlotta di Cerbo zahlreiche Preise.
Ihre Idee, Schrott-Elemente zusammen mit Metallen, Kupfer sowie Seilelementen so zu verschönern und zu verarbeiten, dass wunderschöne exklusive Schmuckstücke entstehen. Die Stücke sind flexibel in Form, Länge und Farbe. Jedes Stück ist handgefertigt und daher einzigartig.

https://carlottascarabeo.com/shop/